Robin Szolkowy: „Ich
will das Paarlaufen in die Köpfe bringen“
Der fünfmalige
Paarlaufweltmeister Robin Szolkowy arbeitet als Trainer, vorwiegend mit
russischen Paaren, und führt mit seiner Frau Romy eine Sportmanagementfirma.
Q: Wie ist es als
deutscher Trainer in Russland zu arbeiten?
A: Ich fühle mich nach wie vor sehr, sehr wohl in diesem
Mozer-Team, fühle mich da mehr und mehr willkommen und akzeptiert, das ist auch
ganz wichtig. Zu allen, die enger zum Team gehören, seit den zwei Jahren, seit
ich dort bin, habe ich einen guten Draht. Nach wie vor ist natürlich die
sprachliche Barriere da. Ich kann nicht von allen erwarten, dass sie Englisch
oder Deutsch lernen. Mein Russisch reicht dazu, um mit dem Taxifahrer zu
verhandeln. Ich verstehe mehr und mehr. Aber das ist eine Barriere klar, was
sich nicht so schnell ändern lässt. Ansonsten läuft die Zusammenarbeit ganz
gut. Ich habe versucht dieses Jahr mich mehr einzubringen, wo ich die Chancen
gesehen habe, ich habe versucht mich mehr anzubieten, das Team zu unterstützen,
bei neuen Programmen, bei den Trainingsaufenthalten dabei zu sein. Was
schwierig war, weil im Sommer die Einzellaufcamps und andere Trainertätigkeiten
anstehen, wo ich im Vorfeld, ein halbes Jahr vorher schon zusagen muss, oder
ich sage ab. Das ist so, wenn man den Kühlschrank füllen muss, sagt man halt
zu. Ich persönlich finde es sehr wichtig, dass ich auch andere Sachen mache,
weil ich als Trainer - nach wie vor bezeichne ich mich noch nicht als Trainer -
viele verschiedene Facetten vom Eiskunstlauf kennenlerne, was mir dann in der
Arbeit mit den Paaren auch hilft. Wie gehe ich bestimmte Problematiken an, wie
gebe ich Hilfestellungen, mit wem kann man wie reden. Der eine braucht
permanenten Druck, der andere braucht mehr die Streicheleinheiten, der Dritte
braucht etwas ganz anderes, mit dem muss man eher einen Kaffee trinken. Nicht
jeder ist so wie ich, das ist ganz klar. Man muss versuchen, ein Händchen zu
entwickeln, damit man in die Köpfe reinkommt, damit man auch wirklich hilfreich
ist. Ich will ja nicht im Weg stehen. Wenn ich das Gefühl habe, ich bin nur
dabei, als Tourist, dann bringt das wirklich keinem was. Generell denke ich,
dass es ganz gut funktioniert. Gerade mit Tarasova/Morozov komme ich sehr gut
klar. Ich komme mit ihrer Art klar, die beiden kommen mit meiner Art klar, denn
ich bin von Haus aus ein sehr ruhiger Typ. Wenn ich mal schlecht drauf bin oder
wenn es bei mir mal einen Anschiss gibt, denkt man trotzdem noch, der ist ja
völlig entspannt. Solche Momente gab es auch schon mal, als ich dachte, jetzt
muss ich mal was sagen. Aber dann versuche ich, das auch so zu sagen, dass es ankommt.
Die Leute anzuschreien bringt relativ wenig. Sie brauchen es auch manchmal,
aber es bringt wenig. Zum Paar selber denke ich, dass die beiden langsam
anfangen umzusetzen, was ich versuche ihnen mitzugeben. Begriffen haben sie es
schon, aber jetzt fangen sie es an umzusetzen. Es dauert natürlich, das ist
logisch. Die beiden sind noch sehr jung für das Niveau, auf dem sie laufen. Das
zu handeln, damit umzugehen, auch permanent abzuliefern, das ist meiner Meinung
nach ziemlich schwer und sie brauchen alle Hilfe, die sie haben können. Die
Hilfestellung, die ich ihnen geben möchte, versuchen sie umzusetzen, und das
fruchtet. Was mich freut, dass man sich eigentlich gut versteht, dass da eine
gute Vertrauensbasis da ist, dass manchmal auch so kleine zwischenmenschliche
Sachen geklärt werden. Dass man nicht über den Doppelaxel redet oder über einen
Wurf, sondern dass man auch mal über privates Zeug redet und das eben auch von
selbst. Dass die beiden zu mir kommen und mir irgendetwas zeigen, irgendwelche
Urlaubsfotos und dass ich ihnen von Henry ein paar Fotos zeigen.
Q: Im Sommer hat
das Paar auch mit Alex Gazsi gearbeitet, und er hat Choreographie für sie
gemacht. Wie kam das zustande?
A: Na ja, das hat sich im Laufe der letzten Saison
ergeben. Irgendwann in Richtung Dezember 15, Januar 16, habe ich mal
angesprochen, wie es denn aussieht mit Programmen und mit Choreographie. Dann
habe ich mit Nina (Mozer) darauf verständigt, wenn das Paar mitzieht und auch
Interesse daran hat – was ich wichtig finde. Die Läufer müssen selbst zumindest
teilweise davon überzeugt sein, dass das richtig ist, sonst bringt das alles
nichts. Wir haben uns darauf geeinigt, dass wir mit einer Shownummer anfangen,
um zu sehen, ob das funktioniert und um ein bisschen zu experimentieren. Das
hat super funktioniert, dafür waren die beiden für ein paar Tage in Zürich. Das
war zwischen EM und WM. Da haben sie mit Alex zusammengearbeitet. Zwischen
denen hat die Chemie gestimmt, das ist schon mal wichtig, zwischen Alex und mir
stimmt sie sowieso, und zwischen dem Paar und mir stimmt es auch. Es hat super
funktioniert und hat Nina gefallen. Deswegen hat sie sich dafür entschieden,
dass Alex sich an der Kür versuchen darf. Das hat mich auf der persönlichen Ebene
sehr gefreut, weil er Lust drauf hatte und gesagt hat, ich habe Ideen. Er mit
seinem Eistanzbackground und das in Verbindung mit Paarlaufen, konnte ich mir
gut vorstellen. Im Sommer war Alex eine Woche in Moskau und sie haben die Kür
aufgebaut.
Q: Wie siehst du im
Eiskunstlauf den Unterschied zwischen Deutschland und Russland?
A: Die Systeme sind völlig verschieden. Da würde ich
nicht nur Deutschland nehmen, sondern komplett Westeuropa. Es ist einmal die
Masse, ganz klar. Da brauche ich nur an die Halle in Moskau denken, in der wir
trainieren. Von früh bis spät sind nur Paare auf dem Eis und in einer Stunde
sind zum Teil so viele Paare auf dem Eis, wie Deutschland insgesamt hat, in
allen drei Kategorien. Und das ist nur eine Eishalle, über die wir da reden.
Selbst in Moskau gibt es noch ein zweites Zentrum, und dann gibt es noch die
anderen Städte, in denen Paare sind. Wenn man sich als Kind dazu entschließt,
den Weg gehen zu wollen – gerade im Nachwuchs- und Juniorenbereich sind ja noch
mehr Paare – da muss man sich einfach durchsetzen und durchsetzen kann man sich
dort nur mit Leistung. Das heißt, wer bis in den Juniorenbereich kommt, in die
Nationalmannschaft der Junioren, der hat schon mehr als bewiesen, dass er sich
durchbeißen kann und dass er arbeiten will und Eislaufen kann. Wer es noch bei
den Senioren schafft, wer dort mitläuft, bei dem ist klar, dass er zehn bis 15
Jahre wirklich extrem hart gearbeitet hat und auf fast alles verzichtet hat und
vielleicht sein Zuhause verlassen hat. Es wird ziemlich früh die Entscheidung
getroffen, ich werde Sportler oder ich bin Sportler. Da will ich auf Schule und
Ausbildung hinaus. Dass man einfach sagt, das ist mein Weg, und den gehe ich
100 Prozent. Wenn ich ihn nur 95 Prozent gehe, habe ich keine Chance, weil die
anderen zehn, die hinter mir stehen, die geben 100 Prozent und die überholen
mich dann. Da sehe ich den Unterschied zu Westeuropa, dort ist es meiner
Meinung nach mehr so, dass es primär um den Spaß geht. Solange die Kids in die
Schule gehen, die Eishalle um die Ecke ist, ist alles gut. Man hat seine
Freunde da, alles schön. Wenn es das erste Mal wehtut oder man merkt, man
müsste eine Stunde mehr machen oder man merkt ‚wie, ich muss in eine andere
Stadt? Das ist ja Quatsch. Ich habe zehn Jahre hier trainiert, wieso soll ich
woanders hin. Da höre ich lieber auf‘. Das klingt ein bisschen hart, aber in
die Richtung geht es, weil in dieser westeuropäischen Gesellschaft der Sport,
gerade der Eiskunstlauf, nicht so sehr angesehen ist. Angesehen schon, aber man
hat nicht die Möglichkeit, aus dem Sport richtig etwas zu machen (viel Geld zu
verdienen). Genau, gerade was den Eiskunstlauf angeht, fehlt ein bisschen die
Unterstützung vom Staat, von der Gesellschaft. Es weiß jeder in Westeuropa, was
Eiskunstlauf ist und zumindest jeder Zweite hat einen Namen parat. Jeder,
selbst die Kids jetzt, wächst irgendwie mit Eiskunstlauf auf, aber dann diesen
Schritt selbst zu gehen und dafür alles zu opfern, zu investieren, nicht nur
Geld, sondern Zeit, Nerven und Willen, das fehlt ein bisschen. Was ich keinem
verübeln kann. Man muss versuchen, den Nerv der Zeit zu treffen und den Leuten
etwas zu geben, was sie motiviert oder motivieren könnte. Da sehe ich einfach
den Unterschied. Man hat in Deutschland mit Tassilo Thierbach, mit Ingo
(Steuer), mit Aljona (Savchenko) und mir gesehen, es kann funktionieren, in
anderen Ländern funktioniert es auch, Javi (Javier Fernandez) zum Beispiel hat
seine Basis auch in Europa gelernt. Das geht, aber es dauert ein paar Jahre,
oder in der Schweiz mit Stéphane Lambiel. Es dauert wieder zehn, 15 Jahre, dann
kommt noch ein Kandidat. Ich denke, es geht mehr über diese Hobby-Spaßbereich
und dann hast du vielleicht zwei, drei, denen liegt das, die haben Talent, und
dann musst du versuchen, auf sie einzuwirken, ihnen etwas an die Hand zu geben,
dass sie aus dem Spaß wirklich Vollgas machen. Da müssen viele Sachen
zusammenkommen – sie wohnen an dem Ort, an dem sie trainieren können, die
Schule spielt mit, die Eltern spielen mit oder die Eltern sagen, wir
unterstützen das. Aber denn nur einer aus dem ganzen Gebilde das will, dann
reicht das nicht.
Q: Wie läuft das von
dir betreute Paarlaufprojekt in Deutschland?
A: Was ich mache – ich bin da. Ich bin mit den
Paarlauftrainern in Kontakt. Mit den einen weniger, mit den anderen mehr. Es
ist sehr überschaubar, bei den aktiven Paarlauftrainern ist der direkte Kontakt
zur DEU da, sie brauchen mich nicht zwingend, damit ich mich dort einmische und
Unruhe reinbringe. Aber wie gesagt, ich bin da, wenn irgendwo mal was drückt,
ich vielleicht etwas anders kommunizieren kann oder mich reinhängen soll …. In
Berlin hatten wir das jetzt mit dem Paar Thomalla/Kunkel. Da gab es etwas zu
klären und ich habe mich auf Wunsch mit reingehangen und es hat glaube ich auch
ganz gut funktioniert. Ansonsten versuche ich nach wie vor einfach das Paarlaufen
in die Köpfe der deutschen Kids und Eltern reinzubringen. Das läuft eigentlich
ganz gut. Nach den letzten zwei Workshops – in Berlin war nochmal ein
Wochenende und kurz danach war ein Wochenende in Nürnberg – merkt man schon,
dass es jetzt langsam die Leute erreicht. Die müssen halt sehen, ah, der hat
schon zwei, drei Workshops gemacht, da kennt man schon jemanden, redet
miteinander und sagen, ‚das ist gar nicht so verkehrt‘. Dann bewegen sie sich
langsam dahin. Das war jetzt ganz krass spürbar. Es gibt welche, wenn sie das
miterlebt haben, sind sie so davon angetan, dass sie nach vorne preschen und
das unterstützen wollen. Ganz speziell spreche ich da über den Eislaufclub in
Ilmenau, in Thüringen, in der Nähe von Erfurt. Davon hat man noch nie etwas gehört,
oder? Ich weiß nur, dass Ilmenau eine Eishalle hat, weil Kristin Wieczorek, die
Schwester von Denis Wieczorek, als Trainerin nach Ilmenau gegangen ist. Auf
jeden Fall war Ilmenau in Berlin mit vier Läufern, zwei Jungs, zwei Mädchen und
in Nürnberg waren sie mit fünf Läufern. Den Kids und den Trainern und Eltern,
die sie begleiten haben, hat es so gut gefallen, dass sie schon auf der
Rückfahrt von Berlin sich dazu entschieden haben, in Nürnberg wieder dabei zu
sein. Berlin war Ende August und Nürnberg war zwei Wochen später. Der Workshop
in Nürnberg war nur am Freitagabend und Samstag. Am Samstag hatten wir um 7.15
Uhr Eis. Einer aus Ilmenau hatte noch Klassenfahrt, sie sind erst am Freitag
wiedergekommen. Dann sind sie am Samstag früh um vier losgefahren, für einen
Tag. Das ist genau das, was ich meine. Diese ganze Gruppe, die haben mich
ausgesaugt, die haben Fragen gestellt, sich damit beschäftigt. Ich habe mich
mit einer Mutter, bzw. der Clubleiterin unterhalten und sie hat es mir auch
gesagt, sie haben vom Workshop schon etwas mitbekommen aber das vorher nicht so
als Chance gesehen. Irgendwann kam einer um die Ecke und hat gesagt, lass uns
das mal mitmachen. Die Kinder sind alle im Juniorenbereich, ich glaube sie
waren alle zwischen 13 und 15. Die Jungs waren groß, einer, den haben wir
Herkules genannt, ungelogen, der war einen Kopf größer als ich. Er war 14. Wir
haben alle gedacht, er ist mindestens 16, denn er hatte schon richtige Muskeln.
Ich habe schon der DEU mitgeteilt, dass ich jetzt das Gefühl bekomme habe, dass
es langsam zündet, die Message, es gibt mehrere Möglichkeiten, Eis zu laufen,
auch parallel. Berlin war richtig super, weil dort acht Jungs und acht Mädels
waren, komplett bunt zusammengewürfelt. Da waren Leute dabei, die in
Deutschland Juniorenbereich und auch gut sind, die springen können, Leute, die
man national schon kennt, die einen kleinen Namen haben, und die einfach sagen,
‚ich guck mir das mal an, ich finde das interessant und vielleicht mache ich
noch ein Jahr Einzel‘. Deswegen habe ich am Anfang gesagt, ich bin da. Ich habe
allen gesagt, dass ich persönlich meine Aufgabe darin sehe, den Leuten zu
vermitteln, dass es eine Möglichkeit gibt und wie das aussehen könnte. Wir
machen alles durch, von Schritten, Pirouetten, Hebungen bis zum Wurflutz, je
nachdem wie die einzelnen Leute das hinbekommen und wie die Konstellationen
sind, aber es wird alles gemacht, dass sie sehen, das gehört dazu, traue ich
mich das, gerade bei den Mädels die Hebungen und so. Meine Aufgabe nach dem
Workshop ist, dass ich danach immer zur Verfügung stehe um zu vermitteln. Ich
selber kann keine 20 Leute trainieren, aber das ich gut im Blick habe, wer in
Deutschland mit Paarlauf Erfahrung hat, wer zumindest die Grundkenntnisse
vermitteln kann und wer dazu Lust hat. Nicht jeder, der Paarlauf gemacht hat,
hat noch Lust darauf. Herr Szczypa ist so ein Beispiel. Ich weiß, er hat keine
Lust auf Paarlauf. Das ist nichts Persönliches. Wenn er nein sagt, ist es eben
nein. Das führt uns dann zum nächsten Punkt, was ein bisschen schwierig ist.
Ich habe gesagt, ihr seid hier jetzt ein, zwei Tage Zeit, ihr seid alle im
selben Alter, jetzt ist die Chance. In Berlin habe ich es so gemacht, acht
Jungs, acht Mädchen, immer Rotationsprinzip, dass jeder auch merkt, mit der
geht das leichter, die sieht eigentlich schwer auch, aber mit der geht die
Hebung ganz leicht. Ich habe gesagt, jetzt habt ihr die Möglichkeit, wenn euch
eine Nase gefällt, greift zu. Tauscht Telefonnummern und E-Mails aus oder kommt
zu mir, wenn ihr euch nicht direkt traut, aber merkt euch das Gesicht, merkt
euch den Namen und ein paar sind auch gekommen. Vielleicht entsteht daraus
etwas.
Q: Wie geht es mit
dem Projekt weiter?
A: Gerade ist es ein wenig schwierig, weil alle Saison
haben. Aber ich bin jetzt mit Ilmenau dran, für das Frühjahr 2017 etwas zu
planen, ein verlängertes Wochenende. Sie haben gleich gesagt, wir fragen die
Stadt, ob sie das unterstützen. Ob das was wird, wird man am Ende sehen, aber
sie sind so angetan davon, mit dem Hintergedanken, da können Leute aus München
oder Berlin kommen. Ich habe gesagt, ich unterstütze das, schaut ihr, was
möglich ist. Ich brauche Eiszeiten, vielleicht eine Turnhalle, dann kriegen wir
das hin. Jetzt kommen wir zum nächsten Thema, was etwas problematisch ist, das
sind die Paarlauftrainer. Die sind sehr überschaubar. Es gibt Berlin, Chemnitz
und Oberstdorf. Dortmund hat Schwierigkeiten mit Eiszeiten, aber die versuchen
etwas. In Chemnitz haben wir Frau Scheibe, aber bei aller Liebe, hat sie noch
die Energie, drei Paare vom Urschleim aufzubauen. Das zieht ja am meisten
Energie, jeden Tag zu sagen ‚Schulter. Schulter. Schulter‘. Das war’s dann in
Chemnitz. Bleiben noch Berlin und Oberstdorf. Oberstdorf – Alexander König,
nicht alt, aber schon ein bisschen älter und sehr voll. Team (Maylin und
Daniel) Wende – jung und dynamisch, aber auch sehr ausgelastet. Dann hast du
Berlin – Rico (Rex), jung und dynamisch. Er hat auch wirklich Bock drauf, auch
darauf, diese Aufbauarbeit zu leisten, muss ich auch sagen, wenn ihn sehe,
seine Kids hat er gut im Griff, auf seine Art irgendwie, aber strukturiert und
er pusht sie wirklich nach vorne. Alles, wo er seine Finger drin hat, finde ich
persönlich auch gut, vorzeigbar. Da entwickelt sich was. Knut Schubert – hofft
wahrscheinlich auf die Rente. Muss man einfach sagen, meine ich auch nicht
böse. Romy Oesterreich – ähnlich. Es ist sehr überschaubar. In Dortmund hat Flo
(Florian Just) Interesse, aber sie Eiszeitenprobleme und irgendwann kommst du
an deine Grenzen. Das war’s dann.
Q: Was ist mit Stuttgart?
A: Ja, Anuschka Gläser, aber sie haben auch Probleme mit
Eis und so weiter. Es sind auch alles noch keine Zentren. Sie können alle anfangen,
aber das kommt denn dann? Die Kids können ein Jahr lang zusammen laufen, dann
können sie eine Über-Kopf-Hebung, einen Doppelwurf, könnten den vielleicht
schon dreifach anfangen, können eine Pirouette schön nebeneinander, alles
solche Kleinigkeiten. Dann muss es weitergehen. Wenn sie zwei Jahre lang vor
sich hindümpeln, dann war’s das. Dann kommst du in den Bereich, wo die Trainer
mir sagen, ‚na ja, warum soll ich meine Energie ins Paarlaufen stecken, ich
kriege doch nichts dafür.‘ Im Einzellauf hast du eine Gruppe von fünf, sechs
Mann und das funktioniert. Da sagst du, ‚jetzt machen wir Axel, jetzt machen
wir Toeloop, noch ein paar Pirouetten und dann sind wir fertig‘. Im Paarlauf
ist das anders. Es kommt nichts zurück, von Verbandsseite und von wem auch
immer. Ich will jetzt nicht mit dem Finger auf irgendwelche Leute zeigen, aber
das ist das eine, das finanzielle Ding, und die Trainer. Wie man das lösen
kann, weiß ich auch noch nicht, aber es müsste die Möglichkeit geben, die
Trainer, die wirklich Interesse haben, mit auszubilden und zu fördern. Viele
können die Basics vermitteln, wenn sie erstmal wissen, wie. Viele, die die
Basics drauf haben, können auch den nächsten Schritt vermitteln, müssen aber
auch erstmal wissen, wie. Gerade die Leute, die aus dem Westen kommen, aus dem
Raum Dortmund, Frankfurt, die fragen mich dann, kennst du jemanden, dann sage
ich genau das. Dann merkst du schon, das ist eine Totgeburt, leider, gefühlt.
Da kommen wir wieder zum Anfang zurück, weil die Leute eben nicht dazu bereit
sind, ihr Kind, das 13 Jahre alt ist, in eine völlig ungewisse Zukunft zu
schicken. Dann komme ich noch und erzähle meine Story, dass es bei mir
eigentlich erst angefangen hat Sinn zu machen, als ich 24 war. Wenn du jetzt
einen Sohnemann hast, der 16 Jahre alt ist, dann sind das nochmal acht Jahre
bis 24. So, ich habe jetzt die Möglichkeit, meinen Sohn wegzugeben, und dann
sehe ich in acht Jahren eventuell, in welche Richtung es geht. Wer macht denn
das? Das ganze Konstrukt könnte funktionieren, aber es müssten noch ein paar
Weichen gestellt werden und ich sehe noch nicht, wie es aussehen könnte, was
den Leuten wirklich etwas geben könnte, damit sie sagen, ‚okay, ich mache das
jetzt.‘ Vielleicht würde es helfen, wenn man sagt, Berlin ist das Zentrum, Paarlauf
findet in Berlin statt. Sie haben Schulen, sie haben Internate und
Infrastruktur. Das man sagt, wer Paarlauf lernen will, 80 Prozent der Leute
gehen nach Berlin, fertig, Ende. Das könnte eine Möglichkeit sein. Wenn ich
etwas will, dann gucke ich, wo kann ich das machen. Wenn es eine Adresse gibt,
dann fahre ich dahin. Wenn es 15 halbe Adressen gibt … dann lasse ich es am
Ende. Wenn ich über 1000 Suchmaschinen immer auf dasselbe komme, dann mache ich
das. Aber es macht nach wie vor Spaß. Selbst an dem Samstag, an dem auch ich um
7.15 Uhr auf dem Eis stand, und um 7.15 ist auch jede Eishalle kalt, selbst die
mit Heizung. Eine Viertelstunde haben wir Laufschule gemacht, dann sind wir um
7.30 wach gewesen und haben richtig losgelegt. Wir hatten wirklich Spaß, und
ich hatte auch Spaß. Es macht mir nach wie vor Spaß, vom Urschleim anzufangen,
es kommen einige Erinnerungen hoch, wie ich selbst angefangen habe. Was immer
noch megamäßig zündet, ist das Synchronlaufen. Ich hatte in Sotchi für die
Eislaufschule dort zwei Eisstunden gemacht. Den Abend davor hatte ich ein Meet
& Greet, so ein bisschen Frage-Antwort-Spiel. Ich habe meine Story erzählt,
die Neue im Team, Olga Orlova, hat übersetzt und ich habe so richtig gemerkt,
sie hat zugehört, die Augen wurden immer größer, als ich dann an dem Punkt war,
dass ich ein halbes Jahr beim Synchronlaufen war und bei der Deutschen
Meisterschaft dabei war… da musste ich sagen, übersetzen!
Q: Du bist
mittlerweile in die Schweiz gezogen, wie kam das?
A: Die Familie Szolkowy wohnt jetzt in der Schweiz, in
der Nähe von Zürich, aus familiären Gründen. Ich bin so viel unterwegs und
jeder, der Kinder hat, weiß, dass jede helfende Hand willkommen ist. Da meine
Frau Schweizerin ist und aus der Züricher Ecke kommt, haben wir jetzt die Hilfe
gleich nebenan. Ihre Eltern wohnen zehn Autominuten von uns weg und ihre
Schwester hat auch einen Sohnemann, der ist ein Jahr jünger, sie wohnen drei
Autominuten weg. Das ist super. Da weiß ich auch, dass immer ein Kontakt da
ist. Es ist vom Gefühl her besser. Familie ist einfach Familie. Im Sommer waren
wir auch unterwegs und meine Mama war für eine Woche da und hat uns
unterstützt. Da kann ich ganz beruhigt aus der Tür gehen. Ich weiß, meine Mama
hat mich groß bekommen und sie wird mit dem kleinen Henry locker fertigwerden
und er wird sich wohlfühlen. Da bin ich ganz entspannt. Dann war ich mal
eingeladen zu einem Camp für eine Woche beim Eislaufclub Küsnacht, und die
Chemie hat gestimmt, man hat sich eine Woche lang beschnuppern können. Es hat
gut gepasst mit dem Umzug, wenn ich mal zu Hause bin, dann unterstütze ich den
Eislaufclub und bin dort auch als Trainer tätig. Das ist der Club von Richard
Leroy. Ich glaube, die Jüngste, die ich betreut habe, ist fünf oder so, das ist
wirklich niedlich. Das Stundenhighlight ist dann eine Hocke oder ein Flieger
auf einem Bein. Aber es geht auch bis
hin zum dreifachen Axel. Es ist alles vertreten in der Halle, es macht auch
Spaß und ich lerne immer dazu. Es ist eine Herausforderung, ich habe etwas zu
tun und ich kann dort auch Fuß fassen. Mir geht es nicht schlecht dort,
menschlich gesehen, aber es ist ein anderes Land, eine andere Sprache, eine
andere Mentalität. Das ist eine Auswanderung für mich, und dadurch habe ich
auch ein paar soziale Kontakte, das ist wichtig für mich, dass ich mir dort
eine kleine Robin-Welt schaffe.
Q: Gibt es dort
vielleicht auch mal Paarlauf?
A: Es gibt ja zwei Schweizer Paare, die sind La Chaud
Fonds, aber in der deutschsprachigen Schweiz gibt es das überhaupt nicht. Ich
habe meine Augen und Ohren immer offen und hätte natürlich auch Interesse, auch
was meine persönliche Zukunft angeht und weil mir Paarlauf am meisten Spaß
macht und ich mich dort am meisten zu Hause fühle. Das wäre natürlich etwas,
das ich mir vorstellen kann. Das würde im Moment natürlich mit meiner Arbeit in
Russland kollidieren. Es gab schon mal ein paar Anfragen von Leuten, die tage-
oder wochenweise zu mir kommen wollten, ein paar Sachen konnten wir
realisieren, andere zeitlich bedingt nicht. Da ist schon ein bisschen Bewegung
drin. Aber ich glaube, momentan, reicht es erst einmal, es passt so, wie es
ist. Aber wie gesagt, Augen und Ohren sind offen und manchmal geht es von heute
auf morgen.
Q: Wie entwickelt
sich eure Firma „just move“?
A: Wir sind nach wie vor auf dem Markt und wir wachsen
und gedeihen, soweit wir das alles handeln können. Die Partner, mit denen wir
zusammenarbeiten, haben wir aufgebaut. Wir sind sicher, wo wir stehen, was ein
gutes Gefühl ist, weil wir das zusammen aufbauen, weil jeder seinen Bereich
hat, mit Ideen kommt und der eine den anderen unterstützt. Wir machen das Management, wir betreuen
sieben Sportler, Nelli/Alex (Zhiganshina/Gazsi), die russischen Paare
(Tarasova/Morozov, Zabijako/Enbert), Annette/Yannick (Dytrt/Bonheur), Robin (Szolkowy),
Matti (Landgraf) und Ivan (Righini). Wir haben sieben Mandanten im
Managementbereich, wo es um mindestens Shows geht. Für uns ist es interessant,
dass wir uns um drei erweitert haben, mit Ivan und den zwei russischen Paaren.
Alle drei können von heute auf morgen sehr interessant werden. Ivan ist jetzt
schon interessant, aber wenn er mal eine Medaille gewinnt, wird er sehr
interessant und es macht Spaß, von der ersten Sekunde an dabei zu sein und
einen Weg ebnen. Tarasova/Morozov auch, wenn sie mal bei der Weltmeisterschaft
eine Medaille gewinnen. Aus geschäftlicher Sicht ist das unwahrscheinlich
interessant. Die Weihnachtssaison steht vor der Tür, das ist unser Kerngebiet.
Dann haben wir noch ein ganz neues Projekt, wir planen für den Sommer 2017 ein
eigenes Camp in der Schweiz, ein reines Paarlaufcamp, was es meiner Meinung
nach in so einer Größenordnung noch nicht gibt, also nicht, dass ein
Paarlauftrainer mit seinen drei Paaren irgendwohin geht und sagt, er macht ein
Camp. Wir sind gerade dran, ein Trainerteam zusammenzustellen und die
Kalkulation zu machen, dass wir auch wirklich sagen können, so, jetzt steht
alles und wir legen los. Wir wollen es in Engelberg machen, das ist eine gute
Autostunde von Zürich entfernt, in Richtung Luzern, in den Bergen. Man fährt
Autobahn und dann biegt man irgendwann ab und fährt eine Viertelstunde lang den
Berg hoch, es ist ähnlich wie Oberstdorf, um die 1000 Höhenmeter. Es ist im
Sommer wirklich ein schöner Ort und wir haben dort eine super Halle gefunden,
in der alles passen würde und wir die Möglichkeit hätten, alles unterzubringen.
Durch die Nähe zu Zürich wäre es auch für die internationalen Leute leicht zu
erfliegen. Wir sind in den letzten Zügen, denn das Jahr ist ganz schnell rum.
Paarlaufen liegt mir, ich fühle mich darin wohl, ich möchte es gerne
weitergeben. Für Einzelläufer gibt es gefühlt 1000 Sachen, wo sie hinfahren
könnten, aber für Paarläufer direkt gibt es eher wenig. Die Idee kam mir durch
die ISU-Seminare, die aber für Junioren vorgegeben sind, die Altersgrenze ist
noch etwas niedriger. Für die Großen und die ganz Kleinen gibt es eben nichts.
Ich denke, das kann funktionieren, wenn wir den Rahmen dafür schaffen.
Q: Was ist denn mit deinen eigenen Aufritten? Wird man dich nochmal als
Läufer sehen?
A: Ich werde in 2016 definitiv nicht auftreten, 2017
werden wir noch sehen. Also momentan bringt es die Zeit einfach nicht mit sich.
Ich bin positiv ausgelastet mit meinen Aufgaben, muss auch sagen, dass mir das
momentan überhaupt nicht fehlt. Wir als Firma, ich als Mitglied der Firma sind
trotzdem noch involviert in diese Showwelt, weil wir über das Management einige
Sportler betreuen und mit vielen Showveranstaltern in Kontakt stehen. Über ein
neues Projekt im Februar sind wir mit Art on Ice in Kontakt, auch weil wir
jetzt direkt um die Ecke sind und vor Ort vielleicht auch backstage eine Rolle
spielen. Der Kontakt in die Showwelt ist nicht abgerissen. Lustigerweise gab es
schon zwei Anfragen von Mädels. Das sage ich nur, weil es für mich eine Ehre
ist, wenn jemand denkt, ich brauche einen Partner, da frage ich mal den Robin.
Eine von den beiden war sogar eine Amerikanerin.
Q: Wie siehst du
die aktuelle Entwicklung im Paarlauf?
A: Ich bin sehr gespannt, wie sich diese Saison
entwickeln wird. Letzte Saison hatte ich ein paar Befürchtungen, dass die
vierfachen Würfe überhandnehmen. Was die aktuelle Saison angeht, bin ich bis
jetzt aber ziemlich entspannt, weil ich a noch nicht so viele Wettkämpfe
besucht habe und live ist immer noch etwas anderes, als wenn man es im
Fernsehen sieht. Die Sachen, die man online verfolgen kann, die meisten, die
vierfach versuchen, beherrschen das auch relativ gut. Ich habe da meine
Bauchschmerzen. Ich weiß es noch von unserem Training bei dem dreifachen
Wurfaxel. Du kannst zehn stehen und es ist alles super, aber wenn du einen
stürzt, und du musst nicht mal extrem stürzen und dir etwas brechen, aber wenn
etwas schiefgeht und man unsanft auf dem Popo landet, dann kann es sein, dass
für die nächsten drei Tage das Training ausfallen muss. Da rede ich nur von
blauen Flecken und Prellungen. Wenn man da weitergeht Richtung Sprunggelenke,
Knie, Bänder, Hüfte, in Richtung Zukunft der Frauen nach der Eislaufkarriere
ist es halt schwierig das so zu befürworten. Ich hätte Bauchschmerzen, wenn ein
18, 19 Jahre altes Mädel alle drei Tage wirklich Monsterwürfe abfangen muss und
sie dann mit 25 quasi ein Pflegefall ist. Das nur für die Würfe. Ansonsten
denke ich, sind wir alle insgesamt in einer ganz guten Richtung. Es gibt nach
wie vor ein paar Sachen, ob die sinnvoll sind, fragt man sich halt,
irgendwelche Regeln, die Kreativität eher behindern. Man braucht sich
eigentlich nur die Hebungen und die Solopirouetten anzuschauen. Da ist nicht
viel Variation. Alle, die Level vier laufen können, sind extrem ähnlich. Nach
wie vor findet man gewisse Möglichkeiten, um ein bisschen zu variieren und es
interessant zu gestalten, aber es ist eben meiner Meinung nach bei weitem nicht
das, wie es früher mal war, als ich angefangen habe oder wie ich es aus dem
Fernsehen kenne, dass die Programme wirklich komplett verschieden waren, nicht
nur was die Choreographie und die Musik angeht, sondern auch was die Elemente
angeht. Ich denke, man könnte es noch
offener lassen. Es ist jetzt ein bisschen schwierig, aber man merkt es, wenn
man an einem bestimmten Element arbeitet. Bei den Hebungen ist es ja so, dass
du gucken musst, wenn du in der zweiten Hebung eine Position ändern willst,
musst du in den beiden anderen Hebungen vielleicht deswegen auch etwas ändern,
weil gewisse Positionen, Auf- oder Abgänge nur einmal zählen. Dann sagst du
vielleicht, ich habe zwei Hebungen, die sind super und eine, die ist noch nicht
so super. Wenn ich die in Richtung super pushen will, muss ich vielleicht bei
den anderen einen Schritt zurück machen. Es ist schade bei gewissen Sachen.
Q: Wie siehst du
die deutschen Paare in der Meisterklasse? Die drei sind ja schon international unterwegs
in der Saison.
A: Ich denke, es ist ein gutes Team. Es gibt maximal drei
Startplätze bei EM und WM und wenn man drei Paare hat, die das Land würdig
vertreten können, ist es super. Das, was ich bis jetzt gesehen habe, sieht gut
aus. Alle drei arbeiten gut, finde ich, versuchen auch mal neue Wege zu gehen, das
wird interessant.
Q: Ist es immer
noch komisch, wenn du Aljona mit Bruno siehst?
A: Komisch ist es nicht. Jetzt sind über zwei Jahre
vergangen, man sieht sich ja auch ab und zu mal und ich hatte die Möglichkeit,
das zu verarbeiten und abzuarbeiten. Das ist in Ordnung. Es ist insofern
komisch, weil wir uns kennen, aber ansonsten ist da nichts komisch. Da
vergleiche ich nicht. Ich kann das relativ entspannt so wie alle anderen Paare
anschauen und versuche auch für mich zu bewerten. Ich freue mich nicht, wenn
etwas schiefgeht wie letztes Jahr bei der EM, als Bruno, als das Paar seine
kleinen Patzer hatte. Sowas kann passieren, aber ich sitze nicht da und freue
mich dann, auch wenn es um mein Team geht. Ich gucke mir das an und denke,
‚Mist, jetzt möchte ich nicht in seiner Haut stecken und was ist da
schiefgegangen‘. Innovativ sind sie, das ist keine Frage, da schaue ich auch
gerne hin. Gerade in den aktuellen Programmen muss ich sagen, gibt es ein paar
Übergänge, die mehr als gut gelungen finde, die sind einfach genial, und da
gehören viele dazu. Einer muss die Idee haben und die beiden müssen es aufs Eis
bringen.