Interview mit
Viktor Peifer
Graz, November 2012
Q:Du warst
verletzt
und wurdest operiert. Was war passiert?
A: Anfang Sommer
im
Juni, Adrian Schultheiß hat
zu der Zeit
auch mit mir trainiert, da war das
Training genial. Besser als je
zuvor eigentlich...jede Menge Vierfach-Sprünge und
Dreifach-Axel,
der hat richtig gut ausgeschaut und auch der Vierfache war
richtig
gut. Und plötzlich an einem Tag beim Aufwärmen....da bin ich nur
ganz normal dreifach
Salchow und eine dreifach
Salchow-doppelter Rittberger-Kombi
gesprungen
zum Aufwärmen und dann plötzlich bei der Landung habe
ich gespürt, dass bei dem Absprung etwas passiert ist. Dann habe
ich
einen Check gemacht und das Knie ist einfach kollabiert.
Am Anfang habe ich gedacht, dass es eine ganz normale Verletzung
ist
und nichts Besonderes. Ich habe dann mal eine Woche freigemacht
und
habe dann langsam wieder angefangen zu trainieren. Das war alles
noch
im Juni. Dann habe ich ein paar Wochen so halb trainiert und
habe
dann wieder angefangen so ganz langsam und nach vier Wochen
ungefähr
habe ich wieder begonnen Doppelsprünge zu machen, wobei ich
immer
noch gedacht habe, dass es eine ganz normale Verletzung gewesen
ist.
Aber dann hat es plötzlich wieder genauso weh getan wie am
Anfang
und dann haben wir gedacht, dass ich dann nun wirklich eine
Magnetresonanz mache. In der Magnetresonanz hat man
festgestellt,
dass ich einen geprellten Muskel gehabt
habe, einen geprellten Knochen, Muskeleinriss und der Meniskus
war
eingerissen. Das einzige was man machen konnte war eine
Operation.
Meniskus ist jetzt zwar nicht so tragisch, aber es ist schon ein
bisschen unangenehm. Die Operation hatte ich Anfang September
und sie
ist ganz gut verlaufen. Nach ein paar Wochen war ich wieder auf
dem
Eis und hatte jetzt eben nur ein paar Wochen Zeit für die
Vorbereitung.
Q: Dafür sieht es
aber ganz gut aus.
A: Ja, dafür
läuft
es sehr gut. Ich bin letzten Freitag [2.11.] wieder meinen
ersten
Dreifach-Toeloop gesprungen. meinen ersten Dreifach-Salchow und
meinen ersten Doppel-Axel weil der linke Fuß noch
wehgetan hat und noch schwach war.
Ich habe versucht mich konditionell aufzubauen und ich muss
ehrlich
sagen, die Platzierung bei diesem Wettbewerb ist okay, nichts
Besonderes und ich weiß,
dass ich noch viel zu lernen habe damit ich wieder zurückkomme.
Aber
es war eigentlich schon eine super persönliche Leistung was ich
in
den vier Wochen im Training geschafft habe.
Q: Mit welchem
Gefühl
bist du dann in diesen ersten Wettkampf hier in Graz gegangen?
A: Normalerweise
bereitet man sich auf einen Wettkampf vor und man ist fit und
fühlt
sich super. In den letzten Wochen vor dem Wettkampf wiederholt
man
nur die Elemente und versucht sich eben wohl zu fühlen. Nun ist
es
so, dass ich in den letzten Tagen inklusive heute noch am Lernen
bin.
Wie gesagt, am letzten Tag bevor ich hierher gekommen bin, bin
ich
wieder meinen ersten Dreifach-Salchow gesprungen und meinen
ersten
Doppel-Axel. Gestern bin ich das erste Mal mein Kurzprogramm
gelaufen
und im Kurzprogramm das erste Mal den Lutz mit der Hand über dem
Kopf gesprungen. Es ist in der Vorbereitung nicht so, dass man
vorbereitet ist, sondern dass noch immer jeder Tag einen
Lernprozess
beinhaltet. Nach einer dreimonatigen Pause sich wirklich auf
einen
Wettkampf vorzubereiten fällt sicher nicht leicht. In den ersten
Wochen war es so, dass ich die Kür immer voll gelaufen bin und
ich
habe fast jeden Tag mich übergeben müssen weil ich so müde war.
Aber ich habe versucht jeden Tag so viel wie möglich zu puschen.
Q: Erzählst du
uns
ein bisschen was über die Programme, die Musik und wer hat die
Choreographie gemacht?
A: Die Kür [Audio Machine und Michael Orteta] haben
Irina Romanova und ich selber gemacht und ich bin sehr
begeistert
von meiner Kür und zufrieden damit. Ich hatte eine
Schulterverletzung vor zwei Jahren und ich habe dann ein Tape auf meiner Schulter
gehabt und habe das auf meinem Kostüm auch drauf. Und es ist so
eine
Art Kämpfermusik und die Kür gefällt mir richtig gut. Das
einzige,
was jetzt in diesem Wettkampf ein bisschen schade ist, aber es
ist
okay: Ich habe ein paar richtig gute Elemente drin, aber für den
Wettkampf habe ich sie rausnehmen müssen weil es konditionell
schwierig ist weil man in drei bis vier Wochen Training nicht so
viel
machen kann. D.h. ich muss die Kür ein bisschen zurückhaltender
laufen in diesem Wettkampf, aber es wird auf jeden Fall einmal
eine
gute Kür. Das Kurzprogramm [Moonlight Sonata]habe ich gar nicht einstudiert und
habe
die Musik genommen, die ich bei den letzten Olympischen Spielen
verwendet habe, weil ich mich damit wohlgefühlt habe. Und ich
habe
einfach meine Elemente damit gemacht... so in der Art.
Q: Wie denkst du
denn
über die Abschaffung der Qualifikation und die Einführung der
Mindespunktzahlen? Was bedeutet das für Läufer aus kleinen
Nationen?
A: Ich vertrete
natürlich die Meinung, dass es sehr schade ist wenn es wirklich
bleibt, wobei wir das ja sehen werden. Es ist sehr schade für
die
neue Generation von Kindern und für jüngere Läufer, die
hochkommen. Weil die kleinen Nationen untergehen und - wenn das
so
bleibt - haben sie keine Chance mehr und können gar nicht mehr
Wettkämpfe laufen auch wegen finanzieller Probleme. Es ist
wichtig,
dass man bei der Weltmeisterschaft dabei ist. Und auch für die
Preisrichter ist es wichtig, weil kleine Nationen auch keine
Preisrichter mehr schicken werden, wenn die Läufer nicht
teilnehmen.
Für mich persönlich ist es ja okay, es ist mir egal - d.h. egal
nicht wirklich, ich will es natürlich schaffen. Jetzt bei 33
Punkten
waren es 2 Punkte zu wenig im Kurzprogramm. Das ist okay,
vielleicht
ändern sie die Regel ja auch noch. Ich glaube es ist schon
möglich
für mich, wenn ich jetzt meine normalen Elemente wieder ins
Kurzprogramm reintun kann. Für die Kür 65 Punkte ist auch sehr
hoch, aber ich finde es im Kurzprogramm noch schwieriger als in
der
Kür. Also normalerweise war es immer so, dass das Kurzprogramm
die
Hälfte war von der Kür. D.h. wenn es in der Kür 65 sind, dann
müssten es eigentlich im Kurzprogramm 32,5 sein. 35 Punkte im
Kurzprogramm ist wirklich schwer zu schaffen. 65 in der Kür ist
auch
schwer aber nicht so schwer wie die 35 meiner Meinung nach.
Hoffentlich werden sie es noch ändern und das glaube ich auch.
Also
ich habe Vertrauen in die ISU und die Leute wissen schon, was
sie
machen hoffentlich.
Q: Wie gefällt
dir
das, dass ab der Saison 2013/14 Musik mit Gesang verwendet
werden
darf?
A: Ich finde das
gut.
Also ich kann jetzt so festmachen, dass ich dazu laufen
würde...wenn
ich dann noch laufe. Ich wollte immer zu Titel Creep von
Radiohead,
also eigentlich von Scala laufen. Aber das hat man nicht machen
können und jetzt ist es vielleicht möglich.
Q: Hast du dir
Ziele
gesetzt?
A: Schon, ja. Es
ist
schade wegen der Verletzung, denn sie hat mich wirklich ein paar
Monate zurückgeworfen. Aber es ist auch eine interessante
Situation.
Ich werde im Mai endlich mein Studium beendet haben im
Finanzwesen
und dann habe ich den ganzen Sommer Zeit mich auch wegen Olympia
wirklich vorzubereiten. Momentan habe ich drei Vollzeitjobs weil
ich
auch Vollzeittrainer bin und mittlerweile ein paar richtig gute
Schüler habe. Dann Eislaufen und das Vollzeit-Studium. Ich habe
mir
vorgenommen, dass ich das Studium im Mai fertig habe und mich
dann
auf das Eis konzentrieren kann, um dann in der Olympiasaison
wirklich
gut drauf zu sein.... Vierfach springen, dreifach Axel springen.
Das
ist das endlich im Wettkkampf zeige, das ist mir auch wichtig.
Persönliche Gründe würde ich das nennen.
Q: Welche
Wettbewerbe
hast du geplant?
A: Es kann sein,
dass
ich nach Zagreb fahre zum Golden Spin im Dezember. Aber das weiß
ich noch nicht. Es hängt davon ab wie
ich mich fühle. Ich will mich jetzt erst ein bisschen auf das
Training konzentieren, weil ich mich in der letzten Zeit nach
der
Operation nur auf den Wettkampf vorbereitet habe. Das heißt
technisch habe ich mich nicht wirklich auf die Technik
konzentriert,
sondern nur darauf konzentriert, die Kür laufen zu können. Und
deswegen benötige ich jetzt ein paar Wochen um wieder richtig zu
trainieren. Ich habe noch Staatsmeisterschaften im Dezember,
dann die
Europameisterschaft im Januar und ich hoffe auf die
Weltmeisterschaft. Also ich möchte nicht zu viele Wettkämpfe,
vielleicht vor oder nach der WM noch einen.
Q: Was gefällt
dir
am Eiskunstlaufen und was gefällt dir weniger?
A: Mir gefällt,
dass
man die Kunst mit den athletischen Sachen verbinden kann .Das
ist
ganz wichtig. Mir ist auch wichtig, dass man es nicht zu ernst
nimmt.
Also ich meine Eiskunstlaufen kann man schon ernst nehmen, aber
dass
man im Wettkampf von den Emotionen her, dass man versucht "außerhalb
der Box" zu stehen sagen wir in Amerika. Was mir nicht gefällt
ist wenn Leute immer das
gleiche machen. Was ein bisschen schwierig ist, wenn man viele
Wettkämpfe schaut und viele Läufer sehr ähnlich ausschauen. Und
ich will mich davon nicht wirklich selbst ausnehmen. Ich schaue
manchmal auch gleich aus. Aber mir ist es wichtig und das ist,
was
mich ein bisschen stört, dass das alles sehr monoton werden
kann.
Aber ansonsten die Sprünge und die Kunst verbinden und dann eben
auch noch die Emotionen verbinden das ist schon was ganz
Besonderes
an diesem Sport.
Q: Manchmal ist
es
eine Jagd nach Punkten und es ist nicht mehr viel Platz für
Kreativität.
A: Das stimmt!
Das
wollte ich sagen mit dem monoton - das gefällt mir nicht so gut.
Wobei ich sagen muss vom neuen Wertungssystem her was
Schrittfolgen
und Pirouetten angeht ist man schon auf einem viel höheren
Niveau.
Und auch Pirouetten gibt es schon sehr interessante. Also
Kritikern,
die sagen, dass die Pirouetten schlechter geworden sind wegen
dem
neuen Wertungssystem, denen stimme ich überhaupt nicht zu. Da
sind
ein paar richtig neue Kreationen dabei, wobei ich sagen muss,
dass
die Choreographie-Schrittfolge schon viel bringt. Auch was die
Innovation und Kreativität angeht. Man muss die zweite
Schrittfolge
(in der Kür) nicht mehr auf Punkte machen.
Q: Wie würdest du
dich charakterisieren?
A: Ich arbeite
sehr
viel und sehr hart. Also das ist, was jetzt momentan auch mein
ganzes
Leben irgendwie beinhaltet. Jetzt mittlerweile ruhig und sehr
geplant, also alles was mein ganzes Leben angeht oder auch
Arbeit
oder Schule oder Trainer sein, ist alles sehr geplant und
strukturiert. Sonst bin ich manchmal komisch, manchmal blödeln,
manchmal ernst... Es ist schwierig, da wirklich direkt was zu
sagen.
Q: Hast du für
die
Zukunft geplant vielleicht als Trainer zu arbeiten?
A: Vielleicht
schon.
Die Sache ist die, dass ich das sehr gerne mache und auch
erfolgreich
bin als Trainer. Manchmal fällt es mir leichter als Eislaufen
selber
interessanterweise. Weil ich sehr analytisch war und mein
persönliches Eislaufen hat das immer ein bisschen behindert.
Aber
jetzt als Trainer hat es einen Riesenvorteil, weil ich eben
alles
planen und analysieren kann und den Schülern sehr helfen kann.
Es
ist schwierig sich von dem zu trennen was man gern und
leidenschaftlich macht. Ich habe ja auch das Studium im
Finanzwesen
und mache Accounting, d.h. an der Businesswelt habe ich auch
Interesse. Wir werden dann sehen, was später wichtiger sein
wird.
Q: Möchtest du
dann
in Österreich
oder in Amerika leben?
A: Ich glaube
schon
in Amerika. Ich habe jetzt das Studium in Amerika, ich habe all
die
Schüler in Amerika, ich habe mein ganzes Leben in Amerika.
Q: Was machst du
in
der Freizeit? Hobbymäßig?
A: Wir trainieren
morgens. Ich bin dann den ganzen Nachmittag Trainer mit meinen
Schülern und Manager auch. Und am Abend oder in der Nacht bin
ich
mit meinem Studium beschäftigt. Ich bin 7 Tage die Woche Trainer
und
mache auch 7 Tage die Woche Schule. D.h. ich habe zwar Freizeit,
aber
es ist momentan jetzt unter der Saison extrem schwer. Ich treffe
mich
schon mit meinen Freunden und ich habe auch viele Leute, mit
denen
ich in Kontakt bin europaweit. Ich spiele gerne Fußball
und manchmal mit meinen Freunden auch eSports FIFA. Gelesen habe
ich
früher gerne, aber jetzt habe ich so viele Bücher zum Lesen für
die Uni dass, wenn ich was lesen will, dann lese ich sicher kein
Buch
(lacht). Fußball
ist da eigentliche Interesse von mir und ich verfolge das auch
gerne.Aber was halt kommt...wenn meine Freunde Fußballspielen
gehen, dann gehe ich mit Fußballspielen
und wenn sie Volleyball spielen, dann mache ich das. Oder im
Sommer
ist es auch schön wenn wir in den Pool oder an den Strand gehen.
Aber momentan ist es so, dass ich die meiste Zeit arbeite.
Q: Hörst du gerne
Musik?
A: Ja, klar.
Früher
habe ich Cello gespielt. Ich habe jetzt mein Cello an die Wand
gehängt Ich spiele es momentan nicht, als ich kann es nicht mehr
als Hobby nennen obwohl es auf meiner ISU-Homepage draufsteht.
Ich
habe es an die Wand gehängt und es schaut gut aus als Dekoration
(lacht). Aber ansonsten hört jeder gerne Musik, ich mag alle
möglichen Musikrichtungen.
Q: Wo warst du
noch
nie und wohin würdest du gerne mal reisen?
A: Komischerweise
war
ich noch nie in Japan, obwohl mittlerweile so viel Eislauf in
Japan
passiert. Es wäre schon cool wenn ich in meiner Eislaufkarriere
noch
als Eisläufer... nicht als Trainer und Businessmensch... wenn
ich
als Eisläufer in Japan einen Wettkampf machen kann. Das wäre
sicher
ein interessantes Erlebnis.
Q: Wenn du auf
eine
einsame Insel müsstest und du dürftest nur 3 Dinge mitnehmen -
welche 3 Dinge wären das?
A: Das ist
schwer!
Vielleicht meine Freundin - wenn wir uns gut verstehen (lacht).
Im
Endeffekt wird es einsam werden wenn man niemanden mithat. Dann
würde
ich etwas zum Essen mitnehmen und Werkzeug, damit ich auf der
Insel
alles mögliche bauen kann, was ich benötige.
Q: Du warst dort
in
Amerika als diese Unwetterkatastrophe stattfand?
A: Ja, es war
schwierig. Der Sturm hätte genau durch die Stadt gehen sollen wo
ich
wohne. Ich bin daheim gesessen und zwei Tage lang war die Straße
gesperrt und man hat nicht Autofahren dürfen. Alles war
geschlossen,
die Eishalle war zu. Ich habe noch Strom gehabt und dann bin ich
eben
daheim gesessen und der Sturm hätte genau auf unsere Stadt
zukommen
sollen. Irgendwann um oder nach Mitternacht hätte er dann
eintreffen
sollen bei uns und ich bin dann schon früh schlafen gegangen
weil
ich gedacht habe, dann werde ich eh wach. Und dann ist nichts
passiert weil sich der Sturm nach New Jersey begeben hat. Es gab
schon Kleinigkeiten, so war der Strom weg - aber sonst ist nicht
viel
passiert.
Q: Glimpflich
abgelaufen.
A: Ja!
Q: Dann bedanke ich mich für das Interview und wünsche alles Gute!